Dokumentation der sprachlichen Vielfalt
der Steiermark
Sprachbiographien – Corina (19)
Rumänisch / Deutsch
Bacau in Rumänien
Corina ist 19 Jahre alt und wurde in Bacău (Rumänien) geboren.
Sie wuchs in dieser Stadt, die an der Ostseite der Karpaten liegt, auf. Ihre Eltern sind ebenfalls Rumänen. Diese Stadt gab nie sonderlich viel her, eine Arbeitslosigkeit von knapp 13 Prozent (2007) zeichnet Bacău negativ aus. Knapp 175.000 Menschen bewohnen die Stadt, doch zeigt der Trend nach unten, denn das Bevölkerungswachstum beträgt -2%.
Der Umzug nach Österreich
Mit acht Jahren ist Corina nach Österreich gezogen. Ihre Eltern waren mittlerweile geschieden, sodass sie nur mit ihrer Mutter in ihre neue Heimat einreiste. Corinas Vater blieb hingegen in Rumänien. Sie ging noch in ihrem alten Wohnort in den Kindergarten und besuchte dort die erste und zweite Klasse Volksschule, ehe sie und ihre Mutter, die heute im Gastgewerbe tätig ist, nach Österreich übersiedelten. Aktuell ist Corina dabei, die Abendmatura zu absolvieren.
Corinas Mutter war schnell klar, dass sie sich in Österreich anpassen und integrieren müssen. Die schulische Ausbildung ihrer Tochter war ihr stets ein Anliegen. So lernten sie und ihre Tochter bald Deutsch, was natürlich Corina etwas leichter von der Hand ging, zumal sie ja in Graz die Schule besuchte. Corina durchlief die Unterstufe der Schulschwestern, vorausgegangen waren 2 ½ Jahre in der Volksschule Dr. Speck. In der dritten Klasse des BORG-Monsberger stieg sie aus dem Schulleben aus, und besucht jetzt die Abendschule, um die Matura nachzuholen. Nebenbei verdient sie als Kellnerin Geld dazu.
Deutsch mit dem Partner, SMS auf Rumänisch
Ganz selten, sagt sie, komme es vor, dass ihr einmal das passende deutsche Wort nicht einfalle, ansonsten habe sie aber keinerlei Schwierigkeiten, sich der deutschen Sprache zu bedienen. Das sieht auch ihr Partner so, er ist Österreicher und ein Jahr älter als Corina. Mit ihm spricht sie fast ausschließlich Deutsch, außer es wird geblödelt, dann können mitunter schon rumänische Wörter vorkommen. Ihr Partner sei durchaus interessiert an ihrer Sprache, sagt sie. So schreiben sie miteinander ab und zu SMS, die mit rumänischen Wörtern gespickt sind. Ihr ist es dennoch lieber, mit ihm Deutsch zu reden. So verhält sie sich auch in der Öffentlichkeit. Egal ob im Bus, Cafe, der Schule oder auf der Straße - Corina nutzt zum überwiegenden Teil Deutsch als Kommunikationsmittel. Sie schämt sich nämlich ein bisschen für ihre Sprache bzw. ihre Herkunft. Corina möchte nicht als Ausländerin erkannt werden. Sie versuche deshalb, sich so gut es gehe anzupassen, um eben nicht als ein solche aufzufallen; sie sehe sich dennoch manchmal als Österreicherin und manchmal als Rumänin, je nachdem, wie es um ihre Gemütslage bestellt ist, was auch ihr Partner bestätigt.
Eher Rumänisch mit der Mutter
Bei Konversationen mit ihrer Mutter teilt sich der Sprachgebrauch in etwa 50 zu 50 auf. Ihre Mutter verfügt zwar über fundierte Deutschkenntnisse, sie sprechen aber trotzdem häufig Rumänisch. Das geschieht jedoch nicht, wenn sie z.B. mit ihrer Mutter in der Öffentlichkeit telefoniert, dann unterhält sie sich ausschließlich auf Deutsch mit ihr. Ähnlich gelagert ist es auch mit einer guten Bekannten von Corina, die ebenfalls aus Rumänien stammt. Sind sie alleine bzw. unter Menschen, die sie gut kennen (das müssen dann nicht unbedingt andere Rumänen sein) fallen schon rumänische Wörter und Sätze. Mit einer Schulfreundin, ebenfalls aus Rumänien stammend, spricht sie jedoch ausschließlich auf Deutsch, egal ob in der Schule oder privat. Mit ihren Nachbarn parliert Corina auf Deutsch, es sei denn, sie kommen aus Rumänien, dann fallen des Öfteren rumänische Ausdrücke. Im Religionsunterricht in der Schule, wo sie den orthodoxen Unterricht besuchte, wurde teils Deutsch, teils auf Rumänisch gesprochen. Beim Beten im Allgemeinen verhält es sich so, dass, wenn es Corina sehr schlecht geht, sie in das Rumänische kippt, bei besserer Stimmung bleibt sie beim Deutschen. Wenn sie flucht, erklärt Corina, kommt es auch auf den Grad des Ärgernisses an. Bringt es sie zur Weißglut, flucht und schimpft sie auf Rumänisch. Bei Kleinigkeiten und eher unwichtigen Streitereien verwendet sie Deutsch, sie schimpft auch mit ihrem Freund nur in dessen Muttersprache. Wenn sie mit Babys spricht, kommt es für sie stark auf die Herkunft des Kindes an. Sie würde mit einem Baby nur dann Rumänisch sprechen, wenn es auch rumänische Eltern hätte. Wären es deutschsprachige Eltern, dann nur auf Deutsch. Für sie wäre es ansonsten unpassend.
Sprache der Träume, Filme und Musik
Auf die Frage, in welcher Sprache sie träume, konnte sie schwer eine Antwort geben. Nach einigem Überlegen, sagte sie, dass sie, wenn sie einen Traum hat, wo ihr Papa vorkommt, auf Rumänisch träume. Im Allgemeinen mischen sich die Träume, sie können rumänisch oder deutsch sein.
Corina hört auch gerne Musik und sieht sich viele Filme auf DVD oder im Kino an, DVDs zum Gutteil auf Deutsch, der Rest wird auf Englisch angesehen. Ihrem Musikgeschmack kommen Bands aus den USA am ehesten entgegen, lediglich eine Musikgruppe aus Rumänien höre sie zumindest gelegentlich.
Lesen auf Deutsch
Beim Kauf von Büchern kommt auch nur Lektüre, die auf Deutsch geschrieben ist, in Frage. Noch nie sei es vorgekommen, dass sie ein Buch auf Rumänisch gelesen habe. Selbiges gilt für die Nutzung des Internets oder dem Konsum von Zeitungen/Zeitschriften. Hier stehe auch ganz klar das Deutsche im Vordergrund. Selbst ihr Tagebuch führe sie auf Deutsch.
Rumänisch mit Rumän/-innen
Generell sagt sie, sei es bei ihr so, dass sie erst dann mit jemanden auf Rumänisch redet, wenn sie ihn gut kennt bzw. dieser Person ein gewisses Vertrauen entgegenbringt. Natürlich hängt es auch davon ab, ob die betreffenden Personen ausschließlich Rumänisch können oder nicht. So spricht sie mit ihrer Großmutter, wenn sie auf Besuch in Österreich ist, nur Rumänisch. Gleiches gilt für andere Verwandte, die noch in Rumänien leben. So auch mit ihrem Vater, mit dem sie sich öfters via Skype oder MSN unterhält. Corinas Verwandte sind nicht nur in Rumänien zu Hause, sondern leben verstreut in Europa oder auch in den USA. Ein Beispiel bildet ihr 5-jähriger Neffe. Dieser lebt bei seinen Eltern, wovon die Mutter, Corinas Cousine, Rumänin und der Vater Bolivianer ist. Diese reden zu Hause ab und zu Spanisch und Rumänisch, hier und da Deutsch mit dem Kind. Dies war interessant für sie zu beobachten.