Dokumentation der sprachlichen Vielfalt
der Steiermark
Sprachbiographien – Emira (46)
Albanisch / Deutsch / Englisch / Russisch / Serbisch
Emira wurde in Kosovo geboren. Sie ist Mutter von vier Kindern, Ehefrau und Köchin. Im Alter von 32 Jahren zog sie zu ihrem Mann nach Österreich, der ebenfalls gebürtiger Kosovare ist. Dieser war aus finanziellen Gründen, um seine Familie ernähren zu können, viel früher schon nach Österreich ausgewandert. Da 1998 der Krieg zwischen Kosova und Serbien ausgebrochen war, blieb ihr nichts anderes übrig, als zu ihrem Mann zu ziehen, um sich und ihre Kinder zu schützen. Obwohl das alles andere als unproblematisch verlief, hatte es ihr Mann geschafft, sie und alle ihre 4 Kinder nach Österreich zu bringen.
Hochdeutsch und Steirisch
Emira erzählt, dass es für sie sehr schwierig war, die Deutsche Sprache zu erlernen, da sie 24 Stunden am Tag als Mutter und Hausfrau eingeteilt war, während ihr Mann das Geld verdiente. Da blieb einfach keine Zeit für Grammatikbücher.
Mittlerweile hat Emira schon zahlreiche Deutschkurse besucht und ihre Deutschkenntnisse sind ziemlich gut. Sie hat Hochdeutsch erlernt, mischt es jedoch mittlerweile mit steierischen Ausdrücken wie „Jo siha!“. Dies habe sie durch ihre Chefin gelernt, die so steirisch spricht, sodass Emira sie oft nur sehr schwer versteht. Linda ist Köchin einer Gasthauses „auch wenn ich lieber Nachrichtensprecherin geworden wäre“, lacht sie „macht nix, mog i eh auch.“
Die Zeitung liest Emira auf Deutsch und auch Nachrichten hört sie sich gerne auf ORF1 an, aber natürlich fällt es ihr um einiges leichter, eine albanische Zeitung zu lesen oder auf RTK Nachrichten zu hören. Das kommt daher, dass sie da weniger nachdenken muss und sofort alles versteht. Im Deutschen sagt sie, muss sie oft Phrasen in ihrem Kopf erst übersetzten um den Sinn zu verstehen.
Albanisch mit deutschen Ausdrücken in der Familie
Mit ihrem Mann spricht Emira ausschließlich Albanisch. Auch mit ihren 4 Kindern spricht sie hauptsächlich Albanisch mit gelegentlichen deutschen oder englischen Ausdrücken. Sie sagt, sie habe deshalb zuhause immer Albanisch gesprochen, da sie Angst hatte, dass ihre Kinder ihre Muttersprache verlernen, wenn sie diese nie anwenden.
Aber je besser ihre Deutschkenntnisse geworden sind, umso mehr begann sie deutsche Wörter in die albanischen Sätze mitzumischen. Sie erinnert sich, als sie ihrer Schwester, die im Kosovo lebt, am Telefon von ihrem Geburtstag erzählte: „Femija me kann bere shum geschenke per ditlindje“, was so viel bedeutet wie „Meine Kinder haben mir so viele Geschenke zum Geburtstag gemacht.“ Auch das Wort „Danke!“ hört man immer öfter als „Faleminderit“ im Alltag, erzählt ihr Sohn.
Serbisch und Russisch in der Schule
Damals in der Schule, so erzählt Emira, hatten die Serben die albanische Sprache verboten und sie hatte deshalb über ein Jahr lang alles auf Serbisch gelernt. So, verstehe sie heute noch einiges auf Serbisch – die Nachrichten versteht sie zwar nur grob, dafür kann sie sich problemlos auf Serbisch unterhalten. Zur gleichen Zeit habe sie auch Russisch lernen müssen. Im Gegensatz zur serbischen Sprache, lies sich Emira für Russisch begeistern, lernte diese schnell und schrieb sogar russische Gedichte und Kurzgeschichten.
Englisch durch Familienmitglieder und Fernsehen
Als Emira mit 20 Jahren ihren Mann heiratete, kam auch die englische Sprache hinzu, da einige Familienmitglieder ihres Mannes oft nur Englisch miteinander sprachen, da die Frau seines Bruders auch England kam. Emira selbst sagt, sie interessiere sich sehr für die englische Sprache, und sie lerne diese auch relativ schnell, da sie die Sprache dauernd um sich herum hört. Außerdem wurden im Fernsehen alle Filme auf Englisch ausgestrahlt, auch heute gibt es noch selten albanisch synchronisierte Filme. Sie fand schnell gefallen an dieser Sprache und nannte ihre erste Tochter auch „Alice“ im Zweitnamen.
Träumen auf Albanisch
Auf die Frage, in welcher Sprache sie träumt, antwortet Emira: „Ich glaube nur Albanisch. Ja, ich bin mir ziemlich sicher. Das ist die Sprache in der ich denke, also träume ich auch in dieser Sprache. Egal was ich lese, höre, auch sage – ich übersetze alles zuerst ins Albanische. Das ist auch der Grund, warum ich mir bei Metaphern oder Sprichwörtern schwer tu sie zu verstehen.“